1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT 1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT # #
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Otto Falke (Jg. 1911): im Ressort E des AM-Apparats für die Zersetzung der SPD zuständig; am 6.3.1937 zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt Otto Falke (Jg. 1911): im Ressort E des AM-Apparats für die Zersetzung der SPD zuständig; am 6.3.1937 zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt
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Josef Bender (1906): Leiter des AM-Apparats; am 4.3.1942 zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt Josef Bender (1906): Leiter des AM-Apparats; am 4.3.1942 zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt
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Hermann Rodewig (Jg. 1905): Mitglied im AM-Apparat; zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt Hermann Rodewig (Jg. 1905): Mitglied im AM-Apparat; zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt
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Links: Else Wupperfeld (Jg. 1910): Mitglied im AM-Apparat; flüchtet 1935 nach Norwegen (Bild 1930)
Links: Else Wupperfeld (Jg. 1910): Mitglied im AM-Apparat; flüchtet 1935 nach Norwegen (Bild 1930)
 
DER AM-APPARAT IN WUPPERTAL
 

Die Abteilung Militärpolitik (AM-Apparat) war der Nachrichtendienst der KPD, der ab 1931 auch in Wuppertal aufgebaut wurde. Der AM-Apparat wurde nach 1933 zum wichtigen Instrument des illegalen Kampfs der KPD. Er war durch seine geheimdienstlichen Tätigkeiten schon zu Zeiten der Weimarer Republik weitgehend mit den Techniken der illegalen Arbeit vertraut.

Der AM-Apparat in Wuppertal bestand aus circa 20 Personen. In ihm sammelte sich die intellektuelle Avantgarde der Wuppertaler Arbeiterklasse: Der politische Bruch innerhalb der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) im Frühjahr 1931 führte eine große Gruppe hoch motivierter junger Kader in den Kommunistischen Jugendverband (KJVD), die sich bereitwillig in die kommunistische Bewegung dieser Jahre einfügten. Aus der ehemaligen SAJ-Gruppe gewann Ewald Funke Otto Falke, Alfred Robus und Otto Kettig für die Arbeit im AM-Apparat. Aus dem Wuppertaler „Bund – Orden für sozialistische Politik und Lebensgestaltung“ (ISO) waren Fritz Wienand und Else Wupperfeld dabei. Schließlich aktivierte Funke auch Personen aus seiner Wandergruppe, einer linken Naturfreundeabspaltung, aus der Hermann Rodewig und Hermann Rehse mobilisiert werden konnten. Enge Beziehungen bestanden zu Mitgliedern des „Jüdischen Arbeiter- und Kultur -Vereins“, die mit der KPD sympathisierten und die illegale Arbeit finanziell unterstützten. Weiter arbeiteten unter anderem Karl Ibach, Erich Mesenholl, Emil Hochbein, Hans Dallmann, Robert Schüller und Adolf Ströter mit.

Leiter des AM-Apparats war vor 1933 Josef Bender, sein Stellvertreter war Ewald Funke, der auch das Ressort für die Zersetzung der SPD leitete. Nachfolger von Funke, der in die Leitung des AM-Apparates nach Düsseldorf wechselte wurde Otto Kettig. Der AM-Apparat gliederte sich in Wuppertal in das Ressort Braun: Hier sollten rechte Parteien und Verbände wie die NSDAP mit all ihren Organisationen, Stahlhelm, Deutschnationale Volkspartei (DNVP), Deutsche Volkspartei (DVP) und rechte Wehrverbände bearbeitet werden. Im Ressort E wurde die Zersetzung der SPD und des Reichsbanners betrieben. Mitarbeiter des Ressorts E waren Funke, Ibach, Falke, Kettig und Robus, die die spezielle Zersetzungszeitung „Das rote Signal“ für die SPD verfassten. Im Ressort Z kam es zu Zersetzungsversuchen in der Polizei, der Reichswehr und der Politischen Polizei. Hier waren unter anderem die jüdischen Kommunisten Jakob Gilberg und Izchock Gerszt tätig. Das Ressort BB (Betriebsberichterstattung) sollte in Betrieben und Forschungseinrichtungen eine Art Betriebsspionagenetz aufbauen. Das Abwehr-Ressort diente dem Schutz vor Spitzeln und Parteifeinden.

In der Illegalität verschob sich das Betätigungsfeld des Apparats. Der AM-Apparat war in Wuppertal die einzige Struktur der KPD, die von den ersten Verhaftungswellen verschont blieb. Die Gestapo vermerkte in einem Bericht von 1935, dass die AM-Mitarbeiter „in dem an sich guten und von der politischen Polizei übernommenen Archiv des Geheimen Staatspolizeiamtes überhaupt nicht verzeichnet waren“. Aus diesem Grund waren die Mitarbeiter des AM-Apparats maßgeblich am Neuaufbau der KPD und des KJVD beteiligt. Ihre Aufgabe bestand darin, alte Mitglieder wieder zu aktivieren. Hauptaufgaben wurden die Absicherung der Spitzenfunktionäre bzw. die Beschaffung von illegalen Wohnungen, schließlich wurde ihnen die Spitzelabwehr übertragen. Zusammen mit Kontaktleuten aus den Betrieben verfassten sie Betriebsberichte, erforschten die Stimmung und spionierten nach Rüstungsgütern. Der Wiederaufbau der Gewerkschaftsgruppen wurde begleitet durch ein Netz von Vertrauensleuten in den Betrieben, die regelmäßig Informationen und Stimmungsberichte an den AM-Apparat weitergaben. Es gelang in Wuppertal durch die Ansprache durch Ibach sogar, hochrangige sozialdemokratische Gewerkschafter wie Friedrich Senger und Adolf Mann für diese gefährliche Arbeit zu gewinnen. So konnten die betrieblichen Auseinandersetzungen 1934 mit internen Informationen, veröffentlicht in Zeitungen und Flugblättern, begleitet werden.

Höhepunkt der Aktivitäten war die internationale Solidaritätskampagne zu den Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen, die über die Strukturen des AM-Apparats mitorganisiert wurde. Erst im Juli 1936 gelang der Gestapo der Einbruch in die verdeckten Strukturen. Bis dahin arbeiteten mit Otto Falke und Heinz Brienne zwei eingeschleuste Verbindungsleute unerkannt in der SA, in der Hitlerjugend (HJ) und in der Deutschen Arbeitsfront (DAF).

Durch die fast gleichzeitige Verhaftung von Funke und Kettig einerseits und andererseits wegen des vollständigen Aufrollens der KPD in Wuppertal ab Juli 1936 konnte die Gestapo das gesamte Netz des AM-Apparats zerschlagen. Kettig erhielt zwölf Jahre Zuchthaus, Ibach acht Jahre und auch die anderen Beschuldigten verschwanden für lange Zeit in Zuchthäusern und KZs. Vier weitere Mitglieder des AM-Apparates überlebten das „Dritte Reich“ nicht. Gerszt wurde nach der Haftverbüßung nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, Senger und Schüller wurden erhängt in ihren Gefängniszellen gefunden. Funke wurde zum Tode verurteilt und am 4. März 1938 in Berlin-Plötzensee hingerichtet, seine Leiche wurde dem Anatomischen Institut der Universität Berlin überlassen. Eine Grabstelle gibt es nicht, die Leichenteile wurden an unbekannter Stelle verscharrt.

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