1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT 1935 - 2005 | 70 JAHRE WUPPERTALER GEWERKSCHAFTSPROZESSE | VORBEREITUNG ZUM HOCHVERRAT # #
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Kriminalrat Wilhelm Müller; leitete ab 1938 die Gestaponebenstelle Wuppertal und gehörte zu "alten Kriminalisten" Kriminalrat Wilhelm Müller; leitete ab 1938 die Gestaponebenstelle Wuppertal und gehörte zu
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SD-Angehöriger Friedhelm Schüttler SD-Angehöriger Friedhelm Schüttler
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Artur Peters gehörte zu den berüchtigsten SA-Schläger Artur Peters gehörte zu den berüchtigsten SA-Schläger
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Eugen Pedrotti folterte in der Barmer Bachstraße (Gestapogefängnis) Eugen Pedrotti folterte in der Barmer Bachstraße (Gestapogefängnis)
 
DAS SOZIALPROFIL DES PERSONALS
 

Das konkrete Alltagshandeln der Gestapobeamten und vor allem die Behandlung der Gefangenen bei Verhören war nicht nur von den allgemeinen Vorgaben der übergeordneten Stellen oder den Weisungen der Vorgesetzten abhängig, sondern auch von der beruflichen Mentalität und der charakterlichen Disposition des jeweiligen Beamten. Vereinfachend lässt sich das Sozialprofil des Gestapopersonals in dieser Hinsicht in drei Kategorien unterteilen.

Erstens in diejenigen Kriminalbeamten, die ihre Karrieren zumeist als Schutzpolizisten in der Weimarer Republik begonnen hatten und über diesen Weg vor 1933 zur Kriminalpolizei gekommen waren. Dabei handelte es sich in der Regel um Kriminalbeamte der Geburtsjahrgänge zwischen 1890 und 1900, die über eine polizeiliche Ausbildung im herkömmlichen Sinn verfügten. Diese alten Kriminalisten waren nach der Übernahme in die Gestapo hauptsächlich in der mittleren Dienstranghierarchie anzutreffen. Hatten die Beamten einen höheren Bildungsgrad, dann war der Aufstieg zum Kriminalrat möglich; eine Chance, um sich als Leiter einer Außenstelle zu bewähren. Dies war beispielsweise bei Kriminalrat Wilhelm Müller der Fall, der seit April 1938 die Gestaponebenstelle Wuppertal leitete. Die älteren Kriminalbeamten traten zumeist erst nach der Machtübernahme, teilweise erst 1937 in die Partei ein. Vor den Entnazifizierungsausschüssen begründeten die ehemaligen Gestapobeamten diese Hinwendung zum Nationalsozialismus mit dem hohen Anpassungsdruck innerhalb der Behörde. Die Angeschuldigten gaben später zu Protokoll, sie wären mit den dienstlichen Vorgängen nicht einverstanden gewesen und hätten sich deshalb ebenso hartnäckig wie vergeblich darum bemüht, zur Kriminalpolizei zurückversetzt zu werden. Folgt man daraus, dass diese erfahrenen Beamten vor physischer Gewaltanwendung zurückscheuten, so wird dies dem tatsächlichen Sachverhalt nicht gerecht. Einige der ausgebildeten Kriminalbeamten, so etwa der maßgeblich mit den Ermittlungen im Vorfeld der Gewerkschaftsprozesse betraute Hans Zimny, nutzten die rechtlichen Freiräume, um ihre antikommunistischen Hassgefühle abzureagieren. Andere wiederum, wie der letzte Dienststellenleiter Josef Hufenstuhl, drängten ihre Untergebenen gezielt zu Misshandlungen.

Die zweite Kategorie des Gestapopersonals bilden die so genannten „Alten Kämpfer. Unter ihnen finden sich wirkliche Exzesstäter. Dabei handelte es sich um ideologisch zuverlässige Parteiangehörige, die nach der Machtübernahme in den Kriminalpolizeidienst übernommen worden waren, ohne eine spezielle polizeiliche Fachausbildung zu haben. Den Ausschlag für die Übernahme gaben offenbar die ideologische Nähe zum Nationalsozialismus, die frühe Mitgliedschaft in Organisationen der NSDAP sowie die Bereitschaft zu einer rigiden Vorgehensweise. Ein hohes Maß an Brutalität erachteten die übergeordneten Vorgesetzen für erforderlich, um die Aufdeckung der kommunistischen Widerstandsstrukturen forcieren zu können. Das notwendigste Fachwissen holten diese Quereinsteiger später in kurzen Lehrgängen nach. Ausgesuchte Kandidaten wurden später auf die Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg geschickt. Die „Alten Kämpfer“, die der Alterskohorte der zwischen 1900 bis 1910 Geborenen entstammten, wurden erst nach einigen Jahren Anwartschaft in ein Beamtenverhältnis übernommen. Eine Teilgruppe dieser Beamten, die unterschiedslos alle Opfergruppen, darunter auch weibliche Schutzhäftlinge, misshandelte, muss dem sadistischen Charaktertypus zugeordnet werden. Als die schlimmsten Folterbeamten galten neben Hans Zimny der Kriminalangestellte und ehemalige Apotheker Karl Freude, der SD-Angehörige Friedhelm Schüttler sowie der berüchtigte SA-Schläger Artur Peters.

Eine dritte Personengruppe unter den Gestapobeamten sind jüngere und erfolgsorientierte Technokraten. Zu Beginn des Kriegs rückten sie an die Stelle der zum auswärtigen Sicherheitsdienst der SS (SD) versetzten Überzeugungstäter. Diese jungen Beamten gehörten den Jahrgängen ab 1910 an, hatten überwiegend mittlere Bildungsabschlüsse erworben und vielfach kaufmännische Berufe erlernt. Durch den Einstieg in die Staatspolizei suchten sich diese Quereinsteiger beruflich zu verbessern. Dementsprechend karriereorientiert war ihr Verhalten. Sie besetzten zunächst niedrige Rangpositionen, stiegen jedoch vergleichsweise schnell die Beförderungsleiter hinauf. In den Vernehmungen setzten sie Gewalt gegenüber den Häftlingen eher zielgerichtet ein bzw. ließen sie durch subalternes Personal ausüben. Was zählte, war ein vorzeigbares Ermittlungsergebnis, das die persönliche Erfolgsbilanz zu verbessern half und somit den weiteren persönlichen Aufstieg gewährleistete. Eingesetzt waren die Betreffenden hauptsächlich in den Sachreferaten „Judenangelegenheiten“, „Heimtücke“ sowie im Ressort „Fremdarbeiter“. Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, setzten die jungen Karrieristen auf ein breites Spektrum von verschiedenen Vernehmungsmethoden, das von psychischem Druck bis hin zu brutalen physischen Misshandlungen reichte. Spätere Zeugenaussagen bescheinigen ihnen ausgesprochen zynische Wesenszüge. Ihre Beteiligung an den Exekutionen kurz vor der Befreiung zeigt, dass sie hierbei keinerlei Skrupel an den Tag legten. Auch vor persönlicher Vorteilnahme scheuten diese Gestapoangehörigen nicht zurück. Die Wohnungen der deportierten Juden waren besonders nachgefragte Objekte, wenn die eigenen unter einem Bombenangriff gelitten hatten oder wegen Familienzuwachs zu klein geworden waren. Der mit „Fremdarbeiterangelegenheiten“ beschäftigte Kriminalsekretär Albert Michel ließ sich von ausländischen Zwangsarbeitern sein Haus errichten.

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